Wie das Bauhaus-Archiv nach Berlin kam – und blieb
Wie wurde das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung zu dem, was es heute ist? In einer dreiteiligen Serie beleuchtet bauhaus stories die Geschichte der Einrichtung.
Darmstadt zögerte mit seiner Finanzierungszusage für das Bauhaus-Archiv. Zu lange: Der Gründungsdirektor des Hauses, Hans Maria Wingler, hatte durch Walter Gropius’ Fürsprache zwischenzeitlich in Berlin nicht nur den Senat davon überzeugen können, die Institution Bauhaus-Archiv zu übernehmen, es war auch ein verfügbares Grundstück für ein eigenes Gebäude gefunden. Nicht weit von hier war ab 1965 die Neue Nationalgalerie des letzten Bauhaus-Direktors Ludwig Mies van der Rohe errichtet worden. Nach der offiziellen Zusage zog das Bauhaus-Archiv 1971 nach Berlin, wo es zunächst an der Schlossstraße in Charlottenburg, im heutigen Bröhan-Museum, ein Interimsquartier fand. Dort blieb es acht Jahre, mit begrenztem Spielraum, denn auch in Berlin waren Hürden zu nehmen, bevor 1976 der Grundstein für den neuen Bau gelegt werden konnte. Exakt 60 Jahre nach Gründung des Bauhauses in Weimar – einer Stadt, die wie auch der zweite Standort des Bauhauses in Dessau inzwischen unzugänglich hinter dem Eisernen Vorhang in Ostdeutschland lag – wurde der Museumsbau an der Klingelhöferstraße eingeweiht.
Gropius Alterswerk
Der Entwurf zu diesem Gebäude stammte von dem über 80-jährigen Walter Gropius und dem Team seiner US-amerikanischen Architekturfirma TAC (The Architects Collaborative). 1964 hatte der Gründungsdirektor des Bauhauses als Architekt ein Gebäude ersonnen, an dem das Erbe seiner Schule weiterleben sollte. Auf Grundlage der von Hans Maria Wingler vorgegebenen Raumanforderungen für Ausstellungen, Archiv, Bibliothek, Café und Verwaltung entstanden die Pläne für einen Architekturkomplex, der als autonome Landschaft in der Landschaft funktioniert: Ein Ensemble aus weißem Stahlbeton, mit den charakteristischen gerundeten Sheddächern – das ursprünglich für die Darmstädter Mathildenhöhe vorgesehen war. Den fertigen Bau erlebte Gropius nicht mehr, er starb 1969.
Ab 1972 wurde sein Entwurf für den Berliner Standort von seinem Mitarbeiter Alexander Cvijanovic angepasst und für die Ausführung von dem Berliner Architekten Hans Bandel durchgeplant. Dabei musste insbesondere der ursprünglich für eine Hanglage entwickelte Komplex an das ebene Terrain am Landwehrkanal angepasst werden, das in den 1970er-Jahren noch von Brachen umgeben war. In diesem Prozess wurden die großen Ausstellungshallen in Richtung Kanal – und somit nach Süden – und eine lange, spitzkurvige Rampe von der Straße aus bis zum Eingang durch die Zentralachse gelegt, im Sinne einer von Le Corbusier inspirierten Architekturpromenade.
Ein Haus wächst über sich hinaus
Als das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung 1979 eröffnete, waren zwei Jahrzehnte vergangen, seit Wingler und Gropius begonnen hatten, über eine Institution zum Erhalt des ideellen und materiellen Erbes des Bauhauses nachzudenken. Sie hatten eine beeindruckende Sammlung von Kunstwerken, Entwürfen, Schülerarbeiten und Dokumenten wie Fotografien, Briefe, Druckmaterialien aus den verschiedensten Ländern zusammengetragen. Diese konnte nun auf 700 Quadratmetern Ausstellungsfläche jeweils auszugsweise präsentiert oder mit anderen Arbeiten „verwandter Strömungen“ kombiniert bzw. konfrontiert werden. Der emblematische Neubau war ein erneuter Anreiz für Ehemalige und ihre Nachfahren, ihr Kulturerbe zum Bauhaus an diesen Ort zu geben, sodass das Fassungsvermögen von Bibliothek, Archiv und Depots schon bald erreicht war.
Die Nutzfläche betrug 1.900 Quadratmeter, auf der die Büros der Mitarbeitenden in Verwaltung, Bibliothek, Archiv, Vermittlung und Haustechnik ebenso untergebracht waren wie das Gros der Bestände. Es dauerte nicht lange, bis absehbar war, dass das Gebäude für eine moderne Forschungs-, Ausstellungs- und Veranstaltungsstätte zu klein ist und damit die Möglichkeiten, dem Publikum ein zeitgemäßes Angebot zu machen, ausgereizt. Mehr war dem Gebäude und der Sammlung nicht zuzumuten. 1997 wurde das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung unter Denkmalschutz gestellt und 2015 der Erweiterungsbau in die Hände des Siegers des Architekturwettbewerbs, das Architekturbüro Staab, übergeben.