5+1 Fragen an … Soundkünstlerin VELVE zur Langen Nacht der Museen
Was ist intelligente Tanzmusik? Wie funktioniert 3D in Musikvideos? In den 5+1 Fragen an … Soundkünstlerin VELVE erfahrt ihr mehr zur Künstlerin und ihrem audiovisuellen Kunstwerk „X TO THE MILLION“, das sie bei der Lange Nacht der Museen Berlin live im temporary bauhaus-archiv präsentieren wird.
VELVE, die Lange Nacht der Museen im temporary bauhaus-archiv trägt den Titel „Sound of Bauhaus“. Du präsentierst ab Mitternacht dein audiovisuelles Gesamtkunstwerk „X TO THE MILLION“. Was passiert da genau vor Ort?
„X TO THE MILLION“ ist ein Gesamtkunstwerk aus Songs und Videos. Im temporary bauhaus-archiv spiele und singe ich Lieder dieses Konzeptalbums. Dazu werden Videos auf zwei Leinwänden gezeigt, die 3D-Elemente enthalten, das wird also ziemlich immersiv und tanzbar – aber auch zum Nachdenken anregen. Viele meiner Songs sind eher dystopisch und ironisch, sie halten der Gesellschaft den Spiegel vor. Ich hoffe, die Zuschauer*innen finden eigene Verknüpfungen und Bilder, in die sie sich hineinfallen lassen können und auf die sie sich selbst ihren Reim machen.
In einem Interview hast du deine Musik als „intelligent dance music“ bezeichnet. Was bedeutet das?
„Intelligent dance music“ ist ein Subgenre-Begriff aus den 1990er-Jahren, den mein Album aufgreift: Man kann dazu tanzen und gleichzeitig sind meine Texte und Aussagen politisch. Zum Beispiel ist der Song „Change“ eine Parodie egomanischer Tyrannen. Ich versuche, mit dem Album Konventionen in Frage zu stellen und herauszufinden, wo es Auswege gibt.
Wie kamst du auf die Idee für „X TO THE MILLION“?
Ich finde Mathematik faszinierend und „X TO THE MILLION“ funktioniert wie eine mathematische Funktion. Das X ist ein Platzhalter, für den ich einen Begriff einsetze und den ich im Song beliebig und wertfrei in eine Utopie weiterspinne. Die Videos haben zwei Ebenen, die mir beide sehr wichtig sind: Ich wollte menschenverlassene Landschaften und Städte in Schwarz-Weiß zeigen, die ein zeitloses und nostalgisches Moment haben – wir alle kennen diese Bilder aus dem Corona-Lockdown. Die zweite Ebene bilden in 3D wiedergegebene X in knalliger Farbe, die sich vervielfachen und ein positives, dynamisches Element bilden. Meine Videos sind wie abstrakte Skulpturen.
Ist der Startpunkt für deine Kompositionen die Musik, ein Bild, oder etwas ganz Anderes?
Ich denke beides gleichzeitig: Auditive und visuelle Elemente entstehen ineinander verzahnt und verstärken sich. Ich wünschte, dass die Musik und Videos gleichwertig bei den Rezipient*innen ankämen. Aber ich weiß, dass die meisten bei den Bildern hängen bleiben.
Welche Bezüge siehst du zwischen deinen audiovisuellen Kunstwerken und dem Bauhaus?
Zunächst auf einer ganz persönlichen Ebene: Ich besitze ein schwarzes Notizbüchlein mit dem silbernen Schriftzug „Bauhaus“, in das ich meine Ideen notiere! Das Mathematische und Funktionale meines Konzeptalbums „X TO THE MILLION“ ist eine weitere Verbindung.
Ich denke auch, dass jeder Mensch – damals wie heute – den Wunsch nach Freiheit, Wertschätzung und Kreativität hat. Momentan geht es aber bei vielen Menschen nur noch ums Überleben. Wie kann man frei und kreativ sein, wenn man im Überlebensmodus ist? In der Gesellschaft sollte es jedem und jeder möglich sein, sich mit den erwähnten Themen zu beschäftigen. Musik kann hier helfen – leider wird sie zu oft kaputt gespart.
Das Bauhaus-Archiv verfügt über die weltweit umfangreichste Sammlung zum Bauhaus. Wir haben ein Bild aus der Sammlung ausgesucht und du darfst wild drauflos fantasieren, was dir dazu einfällt!
Eure Auswahl ist fast ein bisschen gespenstisch, weil ich mich in letzter Zeit tatsächlich sehr für Minikreisel begeistert habe – ich sehe darin also einen Kreisel. Sobald sich ein Kreisel dreht, muss ich instinktiv lächeln, weil es das spielerisch Leichte in der Natur zeigt. Ich mag auch, wie das Vollkommene des Farbspektrums durch die unperfekte Form des Kreises gebrochen wird.
Die Sängerin, Komponistin und Produzentin VELVE skizziert in ihren radikalen Electropop-Songs Utopien für ein neues gesellschaftliches Zusammenleben. Sie ist beim amerikanischen Verlag Bosworth Music als Musikproduzentin unter Vertrag und erhielt 2016 eine Platin-Auszeichnung für ihre Stimme im Lied „Die Welt ist fertig“ auf dem Album „Niveau weshalb warum“ der deutschen Band Deichkind sowie 2021 zehn internationale Nominierungen für die Videokunst, die ihre Musik begleitet, unter anderem beim London International Musicvideo Award und dem Toronto International Women Filmmaker Award.