„Ich liebe am Bauhaus die Idee, mit Materialien zu experimentieren“
Bitte vervollständige: Das Bauhaus ist für mich … ?
… eine Schule und ein Raum für Experimente.
Du beschäftigst dich schon lange mit dem Bauhaus. Wie bleibt das Thema bis heute für dich inspirierend?
Ich liebe am Bauhaus die Idee, mit Materialien zu experimentieren und in die Tiefe zu gehen: Was ist das? Wie kann man es nutzen? Diese wahnsinnige Genauigkeit sowie Art und Weise, Materialien, Form und Funktion zu durchdenken und die perfekte Zusammensetzung zu finden, inspiriert mich. Ich gehe bei meiner Arbeit auch gerne vom Vorkurs aus (ein von allen Bauhaus-Erstsemestler*innen zu absolvierendes, experimentell angelegtes Jahr, geleitet von den Vorkurs-Lehrern Johannes Itten, László Moholy-Nagy und Josef Albers, Anm.d.Red.). In Ungarn habe ich selbst in einer ähnlichen Form mein Studium angefangen und mag sie sehr. Meine Universität ist sogar nach Moholy-Nagy (László Moholy-Nagy, Bauhausmeister, Anm.d.Red.) benannt, eine Kunst- und Designuniversität. Hier studierten im ersten Jahr mehrere Studiengänge zusammen und probierten sich in verschiedenen Techniken und Materialien aus.
Gibt es aus dieser Zeit eine Übung, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist, die es vielleicht so auch am Bauhaus gab?
Mir fällt da keine einzelne Übung ein, sondern eher die Art und Weise, zu arbeiten: dass man einen Impuls in den Raum gibt. Es gibt diese Anekdote zum Papierfalten mit Josef Albers. Er gab Zeitungspapier an seine Studierenden und hat sie herausgefordert, ohne Hilfsmittel „mehr daraus [zu] machen, als es im Augenblick noch ist“. Anschließend verließ er den Raum für mehrere Stunden. Dieser Freiraum ist manchmal total schwierig, weil man sich fragt, was es bedeutet und was man denn genau machen soll. Versteht man die Frage? Versteht man die Übung? Man muss einen eigenen Weg finden, sich durchkämpfen und die eigenen Ideen dann verfolgen, genau das finde ich besonders spannend und ist bei mir hängen geblieben.
Ist das für dich auch ein Leitmotiv in der bauhaus_werkstatt?
Ein bisschen, ja. Es wäre schön, wenn die Teilnehmenden aus der Werkstatt den Spaß am Experiment und den Mut, die eigene Idee zu verfolgen, mitnehmen würden.
Wie gelingt es dir, immer wieder neue Ideen für die Konzepte der bauhaus_werkstatt zu entwickeln?
Das ist eine Frage der aktuellen Lebenssituation. Ich arbeite auch in anderen Museen, besuche Ausstellungen und habe ein Thema, eine Technik oder eine Fragestellung, die mich gerade beschäftigt. Dann suche ich nach etwas am historischen Bauhaus oder in der Sammlung des Bauhaus-Archivs, das das reflektiert.
Was macht dir am meisten Spaß, wenn du einen Workshop leitest?
Zu sehen, wie sich die Teilnehmenden durch den Impuls vertiefen und sich im kreativen Machen verlieren. Als die bauhaus_werkstatt noch ein Drop-In-Angebot war, hatte ich oft beobachtet wie Menschen spontan zu uns gestoßen sind und dann die vollen drei Stunden blieben!
In der bauhaus_werkstatt treffen ganz unterschiedliche Menschen aufeinander. Wie bringt man ihre Bedürfnisse unter einen Hut?
Ich mag an der bauhaus_werkstatt ihre Einfachheit. Wir geben einen Ausgangspunkt. Wie sehr sich aber die Teilnehmenden vertiefen, hängt ganz von ihnen ab. Ein Kind geht anders vor als eine Architekturstudentin. Das Setting ist ähnlich wie beim historischen Bauhaus-Vorkurs: Es wird ein Rahmen gesetzt, aber innerhalb dieses Rahmens kann man sich frei bewegen. Ob man sich viel oder weniger bewegen möchte, hängt von den einzelnen Personen ab.
Wenn wir uns auf einer Zugfahrt kennenlernen würden, wie würdest du deinen Beruf erklären?
DIE schwierige Frage. Wenn ich Kunstvermittlerin sage, denken viele, ich verkaufe Kunst. Ich würde sagen, ich bin Kunstarbeiterin. Ich erarbeite Zugänge zur Kunst und schaffe Räume, an denen man sich in eine kreative Arbeit vertiefen kann.
Wie kamst du als Kunstarbeiterin ans Bauhaus-Archiv?
Daran erinnere ich mich noch genau, weil es mein erster Werkstatt-Termin war! Eine Kollegin konnte ihn nicht leiten und ich bin eingesprungen. Der Workshop drehte sich um Fotografie und Lichteffekte und da ich auch Fotografin bin, passte das sehr gut. Ich war von der schönen Atmosphäre hier direkt begeistert und ließ mich von Experimentierlust leiten. Ich dachte: Ja, das könnte etwas für mich sein. Nach diesem starken, ersten Eindruck bin ich dann fester Teil des Teams geworden.
Zum Abschluss: Für das zukünftige BHA wünsche ich mir …
…dass es so weitergeht. Das Team ist toll und ich fühle mich hier als Kunstvermittlerin sehr aufgehoben. Die Tiefgründigkeit, die in den Übungen und Theorien des Bauhauses zu fühlen ist, fühle ich auch in der Art und Weise, wie hier gearbeitet wird. Alles ist durchdacht. Das erleichtert die Arbeit, und es macht Spaß, gemeinsam Ideen zu entwickeln. Ich bin auch gespannt auf die Arbeit im neuen Turm, der ganz Vermittlungsarbeit zur Verfügung stehen wird. Ich denke, dieser Raum wird auf den zukünftigen Konzepten einen starken Einfluss haben.