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Die Künstlerin Judith Raum erforscht das Werk der Textilgestalterin Otti Berger
© Samira Mosca

5+1 Fragen an Judith Raum zu ihrer Performance „Der Stoff der Moderne“

#mittendrin
von 
Marina Brafa
, 8 Min Lesezeit

Die Künstlerin Judith Raum erforscht seit 2020 den Bestand des Bauhaus-Archivs zur Textilgestalterin Otti Berger. Im Gespräch erzählt Judith, was die Textilien der Bauhäuslerin mit Architektur zu tun haben, welche Entdeckungen sie im Archiv gemacht hat und wie aus ihrer Forschung eine Lecture Performance entstand.

Judith, warum hast du dich zur Präsentation deiner Forschung zur Bauhaus-Textilgestalterin Otti Berger für eine Lecture Performance entschieden, die am 17.11. im temporary bauhaus-archiv stattfindet?

Ich recherchiere im Archiv und reagiere im Atelier darauf, doch dabei fehlt der Austausch mit dem Publikum. In Videoarbeiten und Installationen kann ich nicht alle Aspekte unterbringen, die mich interessieren, ich habe also nach einem eher erzählerischen Format gesucht. In einer Lecture-Performance kann ich Bildmaterial und skulpturale Handlungen live zeigen und mit einer sprachlichen Erzählung kombinieren. So entsteht eine sinnliche Dichte, die Materialen nicht nur über Sprache erfahrbar macht.

 

Die Lecture-Performance im temporary bauhaus-archiv basiert auf einer Version, die ich in Yale im Rahmen eines Architektursymposiums gezeigt habe. Bisher werden im Kontext der Rekonstruktion modernistischer Architektur meist nur Möbel und Innenausbau genauer betrachtet. Ich möchte deutlich machen, wie Textilien in der Auseinandersetzung mit der Architektur der Moderne ausgeblendet, beides früher aber zusammengedacht wurde. Otti Berger machte genau das und kooperierte mit Architekt*innen wie Hans Scharoun oder Ludwig Hilberseimer.

Judith Raum, Anni and the Feline, Lecture Performance, Yale School of Architecture, 2019
© Kay Yang

Du beschäftigst dich seit rund sieben Jahren mit dem Leben und Werk von Otti Berger. Was macht sie für dich so faszinierend?

Seit ich mich das erste Mal mit der Textilwerkstatt des Bauhauses beschäftigt habe, haben mich Bergers Stoffe fasziniert: Sie sind konzeptionell stringent gestaltet und strahlen gleichzeitig eine zeitlose Frische, Eleganz und Sinnlichkeit aus. Sie sind fast immer monochrom und zeichnen sich durch eine Varianz der Garne und ihre gut durchdachten Verbindungstechniken aus. Sie wirken wie vibrierende Farbfläche, zeitgenössisch und gar nicht „verstaubt“. Außerdem bewegt mich Bergers tragische Biografie. Von den Nationalsozialisten wurde sie mit einem Berufsverbot belegt und in Auschwitz ermordet. Sie hatte nie die Möglichkeit, ihr Werk zu erklären, zu dokumentieren und als Künstlerin sichtbar zu werden. Das hat mich zusätzlich motiviert, ein Stück Geschichte auszugraben, die Stoffe in die Hand zu nehmen, zu betrachten und die Sichtbarkeit retrospektiv herzustellen.

Otti Berger beim Musterzeichnen, Bauhaus Dessau, 1928-32, unbekannte*r Fotograf*in
© Bauhaus-Archiv Berlin

Warum ist Bergers Werk für uns heute noch spannend?

Die Entwicklung von Funktionsstoffen ist ein bislang wenig untersuchter Sektor in der Designgeschichte, anders als z.B. der Möbelentwurf. Dabei sind die gestalterische Leistung und die Innovationshöhe gerade in Bergers Textilien denen im Möbeldesign ebenbürtig. Sie hat verschiedenste Typen von Stoffen entwickelt, zum Beispiel Polsterstoffe und Wandbehänge für Züge und Flugzeuge oder zur Ausstattung von Krankenhäusern und Kinosälen. Sie reagierte auf die neuen Wohn- und Lebensbedingungen und holte das Textil aus der Handwebereiecke. Otti Berger hatte sich konsequent dazu entschieden, Funktionsstoffe wie Möbelbezugsstoffe, Vorhänge und Wandspannstoffe für Innenräume zu gestalten, keine Einzelstücke wie Wandbehänge, die man gut in den Kunstmarkt hätte einspeisen können. Sie hat an der Entwicklung aller Typen von Innenraumtextilien gearbeitet, und zwar auf die industrielle Produktion ausgerichtet. Sie hat auch Patentanmeldungen für mehrere Gewebe vorgenommen, die Patente wurden teilweise aber nicht in jedem Fall erteilt. Auch die namentliche Nennung war ein Thema für Berger. All diese Fragen – nach Autorschaft ebenso wie vermeintlichen Hierarchien zwischen verschiedenen, kreativen Disziplinen – sind nach wie vor von Bedeutung für heutige Produzent*innen.

Gab es bei der Arbeit im Bauhaus-Archiv eine überraschende Entdeckung?

Viele! Eines der Highlights ist die sogenannte Flügeldecke, ein falscher Name, der einst in die interne Datenbank eingetragen wurde. Durch Dokumente und Stoffreste in anderen Sammlungen konnte ich rekonstrurieren und beweisen, dass es sich dabei um einen Überwurf für ein Tagesbett und nicht um eine Schutz- oder Zierdecke für einen Flügel (grand piano) handelt. Otti Berger hat diese Tagesdecke 1937 im Auftrag von Walter Gropius für ein Tagesbett von Marcel Breuer entworfen, das in Gropius’ Besitz war. Ich habe das Bett nachgebaut und die Decke darauf positioniert. So sieht man, wie das Webstück räumlich funktioniert! Die Decke arbeitet genau mit der Form des Bettes, ihre Flächengestaltung bezieht sich dezidiert auf den dreidimensionalen Körper, lässt sich also nur drei-dimensional, nicht flach präsentiert, verstehen. Es ist außerdem ein durch und durch topologisches Gewebe: Je nachdem, wo man steht, scheint eine andere Farbfläche auf, weil die Grate auf der Oberfläche des Gewebes so starke Höhen und Tiefen haben, dass sie aus bestimmten Blickwinkel jeweils bestimmte Garne und Farben verdecken oder zeigen. Die Decke war also für den Gebrauch im Raum entworfen. Zu sehen, wie der Überwurf gemeint war, war ein prägendes Erlebnis.

Kannst du privat noch in Ruhe Textilien wie Teppiche, Kleidung … einkaufen gehen?

Wenn die Wahrnehmung so geschult ist, kann man das nicht mehr abstellen. Aber das ist auch schön, weil der Kreis dessen, was man mag, kleiner wird. Vieles interessiert mich nicht, weil die Qualität schlecht ist. In Bezug auf Stoffe leben wir in einer sehr reduzierten Umgebung. Ich freue mich, wenn ich etwas entdecke, das aus dem sonst angebotenen Standard ausbricht.

Oskar Schlemmer, Gliederpuppe, 1922
© Bauhaus-Archiv Berlin

Das Bauhaus-Archiv verfügt über die weltweit umfangreichste Sammlung zum Bauhaus. Wir haben ein Foto aus der Sammlung ausgesucht֪ und du darfst wild drauflos assoziieren, was dir dazu einfällt!

Ich sehe eine Marionette, die nur baumeln kann, ohne Fäden, die mit den Gliedmaßen verbunden sind, vielleicht eine als Spielzeug gedachte Zappelpuppe. Sie macht Lust, hinzugreifen und sie hin und her zu schlenkern.

Judith Raum lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte Bildende Kunst an der Städelschule Frankfurt a. M. und in New York sowie Philosophie, Kunstgeschichte und Psychoanalyse an der Goethe-Universität Frankfurt. Ihre Arbeit sucht die Symbiose aus künstlerischen und wissenschaftlichen (Erkenntnis-)Formaten, die auf detaillierter Recherche basieren und sich philosophischen Fragen ästhetisch nähern. In ihren aktuellen Arbeiten konzentriert sich Judith Raum auf die Textilgestalterin und Bauhaus-Absolventin Otti Berger.

 

Die Lecture Performance „Der Stoff der Moderne“ findet im temporary bauhaus-archiv am 17.11.2022 von 18.15 bis 19 Uhr in deutscher Sprache und von 19.15 bis 20 Uhr in englischer Sprache statt. Mehr Informationen zur Veranstaltung und Anmeldung finden Sie hier. 

 

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